Die Geschichte der antiken Wanduhren

Die Schweizer Pendule folgte in der Entwicklung dem französischen Vorbild.

In Frankreich begann die Entwicklung der klassischen Wanduhren um 1600. Die Gehäuse waren anfänglich sehr schlicht, vorwiegend in Eben- oder Nussbaumholz gefertigt, dunkelbraun oder schwarz gebeizt und poliert. Mit der Zeit wurden sie mit einfachen Filets aus Elfenbein, Zinn oder Messing dezent verziert. Die Einlegekunst des von Louis XIV. geförderten Ebenisten André Charles Boulle (1642-1732) eröffnete den Marqueteuren neue Möglichkeiten. Sie verzierten Möbel und Pendulengehäuse vorwiegend mit Schildpatt, Messing oder Zinn, seltener mit Perlmutt. Die Entwicklung der Schweizer Pendulen begann einige Jahrzente später als in Frankreich und folgte ihr mit einem praktisch konstanten Zeitabstand. Die klassischen Pendulenregionen der Schweiz im 17., 18. und 19. Jahrhundert waren Genf, Neuenburg, La Chaux-de-Fonds, Le Locle und Umgebung, dann Bern und Umgebung, Sumiswald und etwas weniger ausgeprägt Basel, Zürich und Winterthur.

Rustikale Eleganz

Die Architektur der Gehäuse dieser antiken Wanduhren wurde weitgehend von Frankreich übernommen und dem Formgefühl der Region angepasst. Die edlen Hölzer ersetzten teilweise einheimische Erzeugnisse, vorwiegend Fichte und Buche. Das Schildpatt und Horn wurde durch eine entsprechende Bemalung imitiert. Die Profilleisten sind etwas rustikaler als ihre Vorbilder, und auch den ersten Bronzen mangelt es etwas an Eleganz. Eine Schweizer Kreation sind die meisterhaft ausgesägten und gravierten Messingverzierungen, die im Unterschied zu Frankreich auf ein mit aufgemalter Schildpattimitation versehenen oder dann schwarz polierten Gehäuse fixiert wurden.

Als Frankreich unter Louis XV. die bemalten Gehäuse in Vernis von Martin Manier um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Mode kamen, begann man sogar die klassischen Neuenburger Louis-XIV.-Gehäuse mit feinem Blumendekor, meist auf hellrotem, blauem oder grünem Grund, zu verzieren. Im entsprechenden Zeitabstand folgten die von den französischen Régencependulen beeinflussten Neuenburger Gehäuse. Ab 1780 kam das wohl weit verbreiteste und beliebteste Neuenburger Pendulenmodell im Stil von Louis XV. auf den Markt. Das Gehäuse der alten Uhren mit den Grundfarben Grün, Blau, Rot sind mit einem schönen floralen Dekor geschmückt. Das Werk stammt nicht selten von einem der bekannten Uhrmacher Ducommun, Huguenin, Robert, Sandoz. Im 19. Jahrhundert wich der bunte Blumenschmuck einer Goldblumenverzierung auf schwarzem Grund. Dabei wurde hauptsächlich Wert auf einen exzellenten Werksbau gelegt. Die ersten klassischen Schweizer Pendulen entstanden um 1700 im Stil von Louis XIII. oder Louis XIV. Die Werke haben neben Feder- hauptsächlich Gewichtsantrieb.

Verzögerte Entwicklung

Im Gegensatz zu den ersten französischen Pendulen, die bereits mit Platinenwerken ausgerüstet waren, übernahmen vorwiegend die Neuenburger Uhrmacher für die ersten Gewichtswanduhren im Stil Louis XIII. und Louis XIV. die Rahmenwerkskonstruktion, ähnlich wie wir sie bei den gotischen und Renaissance-Wanduhren antreffen können. Bei dieser Werkskonstruktion befinden sich Geh- und Schlagwerk hintereinander; das Schlagwerk besitzt meistens eine Schlussscheibe. Für die Fertigung der antiken Wanduhren verwendete man analog den Vorbildern sehr oft nur Eisen, später wurden die Zahnräder teilweise in Messing gefertigt. Die Entwicklung der Uhrwerke in der Schweiz ging nur langsam vonstatten. In Frankreich wurden schon einige Jahrzehnte früher Federzugwerke in einem heute noch aktuellen Konzept gefertigt. Erst mit dem Übergang auf Sockelpendulen und somit auf Federzugwerk folgten die Schweizer Pendulenuhrmacher dem französischen Vorbild. Hugenottische Uhrmacher im Schweizer Exil gaben auch der weiteren Pendulenentwicklung und dem Handel wertvolle Impulse.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfreute sich die Pendule einer wachsenden Beliebtheit. Der grenzüberschreitende Handel begann zu blühen. Bekannte Schweizer Ebenisten kauften sogar Gehäuse in Paris ein, und berühmte Uhrmacher wie zum Beispiel Pierre Jaquet-Droz und Ferdinand Berthoud (er erhielt für seine Arbeiten den Titel: Horloger du Roi, 1795; Mitglied des Institut de France, 1802; Chevalier de la Legion d’Honneur) verkauften ihre Produkte den Adligen in Frankreich.

Wunderschöne Wanduhren-Fertigung

Angespornt durch diese Erfolge besannen sich die im Fürstentum Neuenburg ansässigen Uhrmacher auf ihre technischen Fähigkeiten. Das Resultat waren Uhrwerke mit Komplikationen, das heisst mit springendem Sekundenzeiger mit ½ und ganzem Sekundensprung, Schlagwerke mit „Grande-Sonnerie“ umschaltbar auf „Petite-Sonnerie“ und „Silence“ in wunderschöner Fertigung. Daneben wurden Flötenuhren und Uhren mit Carillons hergestellt, die nicht selten mit in Frankreich eingekauften Prunkgehäusen zu schönen und gesuchten Prunkpendulen vereint wurden.

Die bekannteste Pendule der Schweiz ist „La Pendule Neuchâteloise“. Interessant ist aber auch die Berner Pendule der bekannten Uhrmachermeister wie Joseph Wepf (1700-1789), der Dynastie Blaser, Mathys (1669-1743); Bendicht (1697-1758) und Jakob (1730-1789) und Johann Ulrich Haas (1683-1753) und natürlich des Ebenisten Mathäus Funk (1697-1783), Die Louis-XIV.-Modelle von Blaser und Wepf sind von einer behäbigen Eleganz und von Sammlern sehr gesucht. Die Louis-XV.-Modelle sind, wenn das Gehäuse aus einer Neuenburger Werkstatt stammt, meist von kleinerem Format. Auch bezogen die Berner Uhrmacher ihre Gehäuse oft von Frankreich. Die Berner Schlagwerke dieser Wanduhren zeichnen sich durch einen 4/4 Schlag mit nur einem Schlagwerk aus. Der auf zwei Glocken schlagende Hammer (ein so genannter Wechselhammer) wird von einer doppelten Schlussscheibe gesteuert und bewegt sich zwischen den beiden Glocken wahlweise hin und her.

Die Sumiswalder Pendule

Die Geschichte der Sumiswalder Pendeluhr fängt gegen Ende des 18. Jahrhunderts an. Der Uhrmacher Jakob Zaugg (1760-1814) fertigte als erster in Sumiswald Pendulen, deren Form im Neuenburger Jura ihren Ursprung hatten.

Das Gehäuse liess er in Wasen (Gemeinde Sumiswald), von Alexander Trüssel bemalen. Dieser war in der damaligen Zeit weit herum bekannt. Das Uhrwerk der antiken Wanduhren wiederum bezog Zaugg im Jura. Diese Uhren waren also eigentlich Neuenburger Pendulen die Jakob Zaugg in Sumiswald fertig ausarbeitete und unter seinem Namen verkaufte.

Als Jakob Zaugg 1814 starb, kam der Uhrmacher Johann Leuenberger (1778-1865), von Wynigen nach Sumiswald als Uhrmacher. Sein Sohn Johann Leuenberger (1805-1891), erlernte den Uhrmacherberuf bei seinem Vater und weitete sein Wissen in den Jahren 1823-1824 in La Chaux-de-Fonds und in Couvet aus.

Im Herbst 1824 kam Johann Leuenberger zu seinem Vater nach Sumiswald zurück und gemeinsam eröffneten sie dann eine Uhrmacherwerkstatt. Mit dem nun sehr umfassenden Wissen von Vater und Sohn über die Uhrmacherei, wollten sie beide selber Uhren anfertigen. Sie entwickelten ein eigenes Uhrwerk mit ¾ und Stundenschlagwerk auf Tonfedern. Es entstand nun die echte Sumiswalder Pendule, da das Uhrwerk nun selber von Leuenbergers in Sumiswald hergestellt wurde.

Von ca. 1825 bis 1891 wurden in der Uhrenfabrik in Sumiswald eine Vielzahl von Pendulen in den verschiedensten Ausführungen (mit Wecker, Datum, Grande-Sonnerie, Musik oder sogar in einzelnen Stücken mit Zentrumsekunderzeiger) fabriziert. 1891 ging die Aera Leuenberger zu Ende, da Johann Leuenberger Junior und auch sein Sohn innert Wochenfrist an einer Krankheit starben.

Es kam nun eine turbulente Zeit für die Sumiswalder Uhrmacherei. Da die Leuenbergers keine Nachfolger mehr hatten, welche die Firma übernehmen konnten, wurde das Inventar an eine Sumiswalder Investorengruppe verkauft und es wurde die Uhrenfabrik Sumiswald gegründet. Diese existierte allerdings nur von 1891-1895.

Es gab nun in schneller Folge mehrmalige Besitzerwechsel, bis 1902 Jakob Gottlieb Baer die Fabrik von Edwin Wirth übernehmen konnte.

Jakob Gottlieb Baer fabrizierte nun vorwiegend Turmuhren aber auch noch bis etwa 1930 die bekannten Sumiswalder Pendulen mit Schlagwerk.

1938 gründete der Schwiegersohn von Jakob Gottlieb Baer seine eigene Firma unter dem Namen Uhrenfabrik Willi Moser – Baer. Dieser nahm auch die Produktion der bekannten Sumiswalder Pendulen wieder auf, allerdings wurden die Uhrwerke jetzt ohne Schlagwerk fabriziert.

1950 eröffnete mein Vater Hans Zürcher in Wasen (Gemeinde Sumiswald) ein Uhrenfachgeschäft. Er hatte zuvor bei Jakob Gottlieb Baer Turmuhrmacher gelernt und arbeitete unter anderem auch noch in der Uhrenfabrik Willi Moser – Baer. In seiner Lehrstelle aber auch bei seinem späteren Arbeitgeber bekam Hans Zürcher es immer wieder mit diesen schönen Sumiswalder Pendulen zu tun und er nahm sich vor, irgend einmal selber eine solche Uhr anzufertigen.

Als Hans Zürcher sich selbständig machte, verwirklichte er nun, was er sich schon lange vorgenommen hatte, und fertigte eine Sumiswalder Pendule an und zwar wieder wie ursprünglich, mit einem ¾ und Stundenschlagwerk auf Tonfedern. Dies sprach sich natürlich rasch herum und so hiess es dann von da und dort bald einmal: ‚Mach mir auch eine Pendule‘.

1985 übernahm ich das Geschäft von meinem Vater. Auch heute noch fertige ich auf Bestellung diese Sumiswalder Pendulen rein handwerklich in Einzelstücken an.

Im Jahr 2000 wurde die 98. Sumiswalder Pendule, welche im Uhrenatelier Zürcher hergestellt wurde, ausgeliefert.

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